Beim Rechtfertigungsgrund der Notwehr geht es in erster Linie darum, sich bei einem rechtswidrigen Angriff durch einen Menschen selbst verteidigen zu dürfen, ohne bei der Auswahl der eingesetzten Mittel stark eingeschränkt zu sein. Im Strafgesetzbuch 2 Arten der Notwehr unterschieden: die rechtfertigende Notwehr (Art. 15 StGB) und die entschuldbare Notwehr (Art. 16 StGB), auch entschuldbarer Notwehrexzess genannt. In diesem Blog werden beide Arten der Notwehr und ihre Unterschiede nähergebracht.
Damit man von der Notwehr gerechtfertigt ist, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss erstmals eine Notwehrlage bestehen, welches in einem Angriff durch einen Menschen auf ein Individualrechtsgut besteht. Bei der falschen Annahme eines Angriffs handelt es sich um eine sog. Putativnotwehr (Art. 13 StGB). Notwehrfähig sind alle Individualrechtsgüter. Der menschliche Angriff muss gegenwärtig sein, das heisst, dass die Rechtsgutverletzung bereits erfolgt oder unmittelbar zu verletzt werden bedroht ist. Im Unterschied zum rechtfertigenden Notstand ist eine Dauergefahr kein gegenwärtiger Angriff im Sinne der Notwehr. Der Angriff muss ausserdem rechtswidrig sein, womit keine gesetzliche Erlaubnis vorliegen darf. Selbst wenn der Angreifer nicht schuldhaft handelt, bleiben die Notwehrbefugnisse bestehen. Sodann hat die Notwehrhandlung (die Handlung, die sich als Abwehr gegen den Angriff richtet), um die Gefahr abzuwenden, in einer den Umständen angemessenen Weise zu erfolgen. Solange es nicht entgegen dem Willen des Bedrohten ist, darf auch jeder andere Notwehrhilfe leisten und damit die unmittelbar vorstehende Gefahr abwenden. Die Notwehrhandlung muss wiederum erforderlich sein (subsidiär) und verhältnismässig im engeren Sinne. Erforderlich ist bei der Notwehrhandlung die Abwehr dann, wenn das mildeste Abwehrmittel angewendet wird, welches den Angriff mit Sicherheit sofort beendet. Ausweichen ist im Gegensatz zum Notstand nicht erforderlich. Es wird keine Interessenabwägung vorgenommen zwischen dem verletzten und dem geschützten Rechtsgut, jedoch dürfen die betroffenen Rechtsgüter objektiv nicht in einem krassen Missverhältnis zueinanderstehen. Die Abwehrhandlung muss ausserdem gemäss Bundesgericht von einem bewussten und gewollten zum Zweck der Abwehr eines Angriffs getragenen Verteidigungswillen ausgehen.
Wenn die Grenzen der Notwehr durch den Abwehrenden überschritten wird, ist dies grundsätzlich strafbar, jedoch mit einer obligatorischen Milderung der Strafe (Art. 16 Abs. 1 StGB). Dennoch schafft Art. 16 Abs. 2 StGB einen Entschuldigungsgrund beim Vorliegen einer solchen Situation. Das Gesetz nennt die asthenischen Affekte, «in entschuldbare Aufregung oder Bestürzung über den Angriff», bei dessen Vorliegen der Abwehrende nicht schuldhaft handelt. Die Schuld entfällt unabhängig davon, ob der asthenische Affekt bewusst oder unbewusst geschieht. Rachegefühle und andere sthenische Affekte fallen jedoch nicht darunter und lassen die Schuld des Abwehrenden nicht entfallen. Auch erfasst vom Entschuldigungsgrund werden intensive Exzesse, bei der die Angemessenheit der Abwehrhandlung insofern überschritten wird, als dass der Abwehrende die zeitliche Grenze der Notwehrberechtigung überschreitet.
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