Die Sanktionen des schweizerischen Strafgesetzbuches werden unterteilt in Strafen (Busse, Geldstrafe, Freiheitsstrafe) und in Massnahmen. Bei den Massnahmen kommt die stationäre therapeutische Behandlung, die ambulante Behandlung und die Verwahrung in Frage. Im Nachfolgenden werden diese verschiedenen Massnahmen erläutert. Bei weiteren Informationen zu den Strafen und Massnahmen kann Ihnen ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Strafrecht in der Schweiz Auskunft geben.
Eine Massnahme ist dann anzuordnen, wenn eine Strafe allein nicht ausreicht, die Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu verringern (Art. 56 Abs. 1 lit. a StGB), beim Täter ein Behandlungsbedürfnis besteht oder die öffentliche Sicherheit dies erfordert (Art. 56 Abs. 1 lit. b StGB) und die einzelnen Voraussetzungen für eine Massnahme erfüllt sind (Art. 56 Abs. 1 lit. c StGB). Wenn die Tatumstände auf eine psychische Störung beim Täter hinweisen, haben die Strafverfolgungsbehörden von Amtes wegen abzuklären, ob die Voraussetzungen einer Massnahme gegeben sind. Das Gericht kann nur eine Massnahme anordnen, wenn eine sachverständige Begutachtung dies für nötig hält. Dieses Gutachten muss die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung des Täters (Art. 56 Abs. 3 lit. a StGB), die Art und die Wahrscheinlichkeit weiterer möglicher Straftaten (Art. 56 Abs. 3 lit. b StGB) und die Möglichkeiten des Vollzugs der Massnahme (Art. 56 Abs. 3 lit. c StGB) beinhalten. Der Sachverständige hat sich nicht darüber zu äussern, ob die Straftat in einem besonderen körperlichen oder geistigen Zustand des Betroffenen in Zusammenhang stand, sondern nur über die in Art. 56 Abs. 3 lit. a-c StGB dargelegten Fragen.
Kommt die lebenslängliche Verwahrung in Frage, stützt sich das Gericht beim Entscheid auf die Gutachten von mindestens zwei unabhängigen Sachverständigen (Art. 56 Abs. 4bis StGB).
In der Schweiz herrscht ein dualistisch vikariierendes System. Dualistisch bedeutet, dass wenn die Voraussetzungen für eine Strafe und für eine Massnahme gegeben sind, ordnet das Gericht beide Sanktionen an (Art. 57 Abs. 1 StGB). Vikariierend heisst, dass eine stationäre Massnahme einer zugleich ausgesprochenen vollziehbaren Freiheitsstrafe vorausgeht und dass der Vollzug einer Freiheitsstrafe der Verwahrung vorausgeht (Art. 57 Abs. 2 StGB). Der mit der Massnahme verbundene Freiheitsentzug ist auf die Strafe anzurechnen (Art. 57 Abs. 3 StGB). Bei Fragen zum dualistisch vikariierenden System kann Ihnen gerne ein Anwalt oder eine Anwältin für Strafrecht in St. Gallen, Zürich oder Frauenfeld weiterhelfen.
Eine stationäre therapeutische Massnahme kann vom Gericht angeordnet werden, wenn der Täter psychisch schwer gestört ist (Art. 59 Abs. 1 StGB). Vorausgesetzt wird, dass der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, was mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht (Art. 59 Abs. 1 lit. a StGB) und zu erwarten ist, dass sich dadurch die Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten verhindern lassen (Art. 59 Abs. 1 lit. b StGB).
Diese Behandlung wird vorerst für maximal fünf Jahre angeordnet. Sie kann durch das Gericht um fünf Jahre verlängert werden, falls die Voraussetzungen einer bedingten Entlassung noch nicht erfüllt sind (Art. 59 Abs. 4 StGB). Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer bedingten Entlassung gegeben sind, kann Ihnen ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Strafrecht in Zürich, St. Gallen oder Frauenfeld behilflich sein.
Ist der Täter von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner Abhängigkeit in Zusammenhang steht (Art. 60 Abs. 1 lit. a StGB) und dadurch zu erwarten ist, dass sich dadurch die Gefahr weiterer mit der Abhängigkeit in Zusammenhang stehender Taten verhindern lässt (Art. 60 Abs. 1 lit. b StGB).
Die Suchtbehandlung dauert maximal drei Jahre. Das Gericht kann sie einmal um ein Jahr verlängern, wenn die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach drei Jahren noch nicht gegeben ist (Art. 60 Abs. 4 StGB).
Diese Massnahme kann nur für junge Erwachsene unter 25 Jahren angeordnet werden, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung erheblich gestört sind (Art. 61 Abs. 1 StGB). Charakteristisch für eine Störung in der Persönlichkeitsentwicklung ist stark ausgeprägtes Fehlverhalten in mehreren Lebensbereichen wie bei der Wahrnehmung und Interpretation von Ereignissen und Menschen, im Gefühls- und Stimmungsbereich, bei der Impulskontrolle und der Bedürfnisbefriedigung sowie in den menschlichen Beziehungen. Zudem muss der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen haben, das mit der Störung seiner Persönlichkeitsentwicklung in Zusammenhang steht (Art. 61 Abs. 1 lit. a StGB) und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit der Störung seiner Persönlichkeitsentwicklung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 61 Abs. 1 lit. b StGB). Das Ziel dieser Massnahme ist, dass dem Täter die Fähigkeiten vermittelt werden sollen, selbstverantwortlich und straffrei zu leben (Art. 61 Abs. 3 StGB).
Diese Massnahme dauert maximal vier Jahre. Im Falle einer Rückversetzung nach bedingter Entlassung darf die Suchtbehandlung die Höchstdauer von sechs Jahren nicht überschreiten. Die Massnahme ist spätestens zu beenden, wenn der Täter das 30. Altersjahr vollendet hat (Art. 61 Abs. 4 StGB). Auch hier kann Ihnen ein Anwalt oder eine Anwältin für Strafrecht in der Schweiz behilflich sein, ob die Voraussetzungen einer bedingten Strafe vorliegen oder nicht.
Damit eine ordentliche Verwahrung in Betracht kommt, muss der Täter eine mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat (z.B. Mord, Raub) begangen haben, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person schwer beeinträchtigt oder beeinträchtigen wollte (Art. 64 Abs. 1 StGB). Ausserdem muss zu erwarten sein, dass der Täter weitere Taten dieser Art begeht oder aufgrund einer psychischen Störung von erheblicher Schwere zu erwarten ist, dass er weitere ähnliche Taten begehen wird und eine stationäre Massnahme keinen Erfolg verspricht (Art. 64 Abs. 1 lit. a und b StGB).
Die ordentliche Verwahrung beginnt nach dem Vollzug der Strafe und ist zeitlich unbefristet. Der Täter wird aus der Verwahrung bedingt entlassen, sobald zu erwarten ist, dass er sich in Freiheit bewährt, wobei eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren besteht (Art. 64a Abs. 1 StGB).
Im Vergleich zu der ordentlichen Verwahrung muss der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, einen Raub, eine Vergewaltigung, eine sexuelle Nötigung, eine Freiheitsberaubung oder Entführung, eine Geiselnahme, ein Verschwindenlassen, Menschenhandel, Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen begangen haben (Art. 64 Abs. 1bis StGB). Hinzu kommt, dass der Täter das Opfer besonders schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass er erneut ein Verbrechen begeht und dass der Täter als dauerhaft nicht therapierbar eingestuft wird (Art. 64 Abs. 1bis lit. a-c StGB). Der Vollzug der Freiheitsstrafe geht der Verwahrung voraus (Art. 64 Abs. 2 StGB).
Der Täter kann nur aus der lebenslänglichen Freiheitsstrafe entlassen werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass der Täter behandelt werden kann. (Art. 64c Abs. 1 StGB).
Bei Unklarheiten bei der Abgrenzung zwischen der ordentlichen und der lebenslänglichen Verwahrung wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Strafrecht in der Schweiz.
Die ambulante Behandlung benötigt im Gegensatz zu der stationären Massnahme keine spezielle Massnahmeneinrichtung, sondern wird in Freiheit durch regelmässige Besuche beim Therapeuten oder eine Art aber während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe in einer Strafanstalt mit entsprechendem Behandlungsangebot durchgeführt.
Statt eine stationäre Massnahme kann eine ambulante Massnahme angeordnet werden, wenn der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht (Art. 63 Abs. 1 lit. a StGB) und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen (Art. 63 Abs. 1 lit. b StGB).
Eine ambulante Behandlung kann maximal fünf Jahre dauern, wobei sie um fünf Jahre verlängert werden kann, falls die Voraussetzungen für eine ambulante Behandlung immer noch vorhanden sind (Art. 63 Abs. 4 StGB).
Bestehen Fragen, wann eine stationäre und wann eine ambulante Behandlung angeordnet werden kann, stehen unsere Anwälte und Anwältinnen für Strafrecht in Frauenfeld, St. Gallen oder Zürich gerne zur Verfügung.